Ortstermin im Hankhauser Moor

Treffen verschiedener Interessengruppen mit dem niedersächsischen Landwirtschaftsminister Christian Meyer

Im Hankhauser Moor trafen sich auf Initiative des GRÜNEN Bundestagskandidaten für den Wahlkreis 27 Oldenburg-Ammerland Peter Meiwald ca. 20 Sachverständige aus Anwohnerinitiativen, Umweltverbänden, Landwirtwirtschaft, Verwaltung und Lokalpolitik mit dem niedersächsischen Landwirtschaftsminister Christian Meyer, um Perspektiven des Moorschutzes und mögliche Interessenkonflikte mit Landwirtschaft und Torfabbau zu diskutieren.

In einem sehr regen, konstruktiven Austausch wurde deutlich, dass die Einbindung weiterer Betroffener wie z.B. der Torfindustrie und Wassersachverständiger in die am „Runden Tisch“ begonnene Lösungssuche für den zukünftigen Umgang mit unseren letzten Mooren sinnvoll und erwünscht ist.

Moorschutz müsse – das stellte Minister Meyer als Prämisse seiner Politik klar – neben dem Natur- und Landschaftsschutz heutzutage insbesondere unter dem Blickwinkel des Klimaschutzes betrachtet werden.

Ortstermin im Hankhauser Moor

Uli Baumgartner betonte in diesem Zusammenhang für die Bürgerinitiative der AnliegerInnen die Gefährdung der Anwohnergebäude durch die schleichende Moorzersetzung im Zuge der langfristigen landwirtschaftlichen Nutzung des Hankhauser Moores. Die Anwohner befürchteten weitere Wasserabsenkungen aufgrund von Kuhlungen und Trockenlegungen und sprächen sich für eine Beibehaltung des Wasserniveaus und eine extensive Landwirtschaft mit striktem Kuhlungsverbot aus.

Susanne Grube vom BUND erläuterte, dass es sich an dieser Stelle um jungen Weißtorf handele, der auch für die Torfindustrie interessant sei. Weil das Hankhauser Moor allerdings noch einen gesunden Moorkörper darstelle, bilde es eine gute Basis für eine Renaturierung bzw. Sanierung. Eine standortangepasste landwirtschaftliche Nutzung wäre auch denkbar, weil sie den klimaschädlichen Zersetzungsprozess zumindest verlangsame.

Auch Horst Lobensteiner vom NABU sprach sich gegen das Abtorfen aus. Er schilderte, dass es in der Vergangenheit sogar Bestrebungen gegeben habe, Gebiete zu kaufen, um sie zu schützen, was allerdings misslungen sei. Auch er sprach sich für eine extensive Landwirtschaft aus. Zudem warnte er vor der Gefahr, dass die Gegend nach Torfabbau wegen der besonderen Wasserverhältnisse im schlimmsten Falle zu einem See erheblichen Ausmaßes werden könne, ähnlich wie das Zwischenahner Meer.

Dieter Ahlers, Vorsitzender des Kreis-Landwirtschaftsausschusses, sprach für die Landwirte, dass auch sie einen Torfabbau nicht befürworteten – insbesondere weil die Landwirte angesichts der zunehmenden Landknappheit unter Druck stünden und auf die Flächen nicht verzichten könnten. Durch einen möglichen Bau der A20 würden weitere Flächen verloren gehen. Ein Kauf von Flächen zur Unterschutzstellung sei theoretisch eine politische Möglichkeit, allerdings schwer finanzierbar. Auch müsse dabei überlegt werden, wie der Flächenverlust für die Viehhaltung kompensiert werden könne.

Hilke Hinrichs, Leiterin der Unteren Naturschutz- und Wasserbehörde des Landkreises Ammerland, wies auf die hydrologischen Verhältnisse hin. Der aktuelle Pumpspiegel läge bei 1,4 Meter unter NN und stelle das derzeit technisch und rechtlich mögliche Maximum der Vorflutverhältnisse dar. Eine weitere Steigerung sei nicht möglich und wirtschaftlich nicht darstellbar. Außerdem wies sie darauf hin, dass sich der Moorkörper in den letzten Jahrhunderten schon deutlich zum Wasserspiegel hin entwickelt, d.h. zersetzt habe. Ein Neuaufbau in einem renaturierten Hochmoor würde mit einem Millimeter pro Jahr wiederum extrem langsam vorangehen.

Auch Dr. Thomas Jürgens, Dezernent der Kreisverwaltung, sprach sich wegen der besonderen Eigenarten dieses Moores gegen einen Torfabbau an dieser Stelle aus. Das Hankhauser Moor sei aus gutem Grund in der regionalen Raumordnung lediglich der Zeitstufe II als Rohstoffabbaugebiet zugeordnet. Ein Torfabbau könne demnach frühestens 2017 beginnen. Der Verwaltung lägen aber trotzdem bereits konkrete Abbauanträge der Torfindustrie vor.

Der GRÜNE Kreistagsabgeordnete, Biologe und Moorexperte der Fraktion, Hergen Erhardt schilderte, dass es bereits seit einem Jahr einen runden Tisch gäbe, an dem auch die Torfwirtschaft beteiligt sei. Ziel sei es, einen nächsten Verfahrensschritt als Vorschlag für die Verwaltung zu entwickeln. Der Runde Tisch habe Szenarien für den weiteren Umgang mit dem Hankhauser Moor entwickelt, bei denen auch Torfabbau an einigen Stellen möglich sein könnte. Aus Naturschutzsicht spräche er sich für eine Hochmoorsanierung mittels Abschieben und Vernässen aus, um wieder ein natürliches Moorwachstum zu ermöglichen.

Kreisnaturschutzbeauftragter Horst Bischoff wandte dagegen ein, dass ein Abschieben nach seiner jüngsten Erfahrung gar nicht nötig, sondern lediglich Geduld erforderlich sei, damit sich ein wiedervernässtes Moor erhole. „Man muss einen Wald nicht abholzen, um einen gesunden Wald zu erhalten.“

GRÜNEN-Fraktionssprecher Friedrich Haubold gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass durch die neue Landesregierung die bisherige Fixierung auf Moore als Rohstoffspeicher für die Torfindustrie beendet und dem Schutz der Moore aus Naturschutz- und Klimaschutzgründen endlich angemessene Bedeutung zugewiesen werde.

„Die Zerstörung der Moore durch Landwirtschaft und Torfabbau macht 12% der Treibhausgasemissionen Niedersachsens aus“, stellte Christian Meyer, Landwirtschaftsminister Niedersachsens, zu Beginn seiner Ausführungen klar. „Der Schutz der Moore stellt damit die günstigste Klimaschutzmaßnahme – z.B. auch im Vergleich zu CCS – dar.“ Dies sei mittlerweile auch parteiübergreifend Konsens. Naturschutz müsse also hier ganzheitlich betrachtet werden – ähnlich wie beim Regenwald, den man fragwürdigerweise abholze, um dann anschließend Bioethanol als angeblich klimaschonenden Treibstoff zu erzeugen. Ziel der neuen Landesregierung sei es deshalb, die Vorranggebiete für Torfabbau in einer Überarbeitung des Landesraumordnungsprogramms komplett zu streichen. Das beträfe allerdings nicht die bestehenden Abbaugenehmigungen der Torfindustrie, die zum Teil noch 60 Jahren gültig wären. Weitere Abbaugenehmigungen fielen dann in die Verantwortung der Landkreise und ihrer Abwägungsprozesse. „Zum Schutz der Moore sollen Vorranggebiete für CO2-Speicherung in der zukünftigen Raumordnung ausgewiesen werden können,“ erklärte Christian Meyer.

Hergen Erhardt ergänzte, dass der Moorschutz nicht nur für die CO2-Reduzierung, sondern auch für die Biodiversität wichtig sei und dafür auch Geld erforderlich sei.

Zusammenfassend kommentierte Peter Meiwald, dass es hier Zielkonflikte zwischen Natur- und Klimaschutz, Landwirtschaft und Torfindustrie gebe, die nicht immer zu 100 Prozent auflösbar seien. Politik, aber auch alle anderen Beteiligten, müssten zusammen im weiteren Prozess nach möglichst verträglichen Lösungen für die Ammerländer Moore suchen. Ein wichtiger erster Schritt zur Reduzierung des Torfverbrauchs in Deutschland sei sicherlich die Beendigung des unnötigen Torfeinsatzes im Privatgartenbereich. Gleichzeitig müssten gemeinsam mit Gartenbaubetreiben, Forschungseinrichtungen und den Substratwerken schnellstmöglich torffreie Alternativen für den Baumschul- und Gärtnereibereich entwickelt werden.

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