Glyphosat bleibt „wahrscheinlich krebserregend“ – keine Entwarnung durch WHO

© Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion

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Aktuelle Meldungen, nach denen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ihre Meinung zu Glyphosat geändert haben soll, und das Ackergift nun doch nicht krebserregend sei, entpuppen sich als Zeitungsente. Tatsächlich hat das gemeinsame Gremium zu Pestizidrückständen (JMPR) der Welternährungsorganisation (FAO) und der WHO nur seine alte Einschätzung wiederholt, dass die in Lebensmitteln vorhandenen Glyphosatrückstände keine Risiken mit sich brächten. In der Presse wurde dies kurz vor der entscheidenden Abstimmung über die Wiederzulassung von Glyphosat in der EU teilweise irrtümlich als entlastendes Ergebnis hinsichtlich der Gefährlichkeit von Glyphosat dargestellt. Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der WHO stuft Glyphosat jedoch unverändert als „wahrscheinlich krebserregend beim Menschen“ ein.

Von entlastenden Ergebnissen kann also keine Rede sein. Denn tatsächlich bezieht sich die JMPR-Bewertung ausschließlich auf Risiken durch Rückstände in Lebensmitteln, ihr Urteil dazu: Glyphosatrückstände, die über die Nahrung aufgenommen werden, erhöhen das Krebsrisiko nicht. Laut EU-Pestizidgesetzgebung dürften Stoffe mit krebserregenden Eigenschaften aber überhaupt nicht zugelassen werden – egal, ob die Aufnahmemengen ein Risiko mit sich bringen oder nicht. Nicht bewertet wurden vom JMPR außerdem die Fragen nach notwendigem Arbeitsschutz oder der Gefährdung von Anwohnerinnen und Anwohnern. Auch die potentiell besonders gefährliche Wirkung von Mehrfachrückständen unter Beteiligung von Glyphosat („Pestizid-Cocktails“) wurde ausgeblendet. Und an der Tatsache, dass Glyphosat erheblich zum Artensterben beiträgt, hat sich in keinster Weise etwas durch den JMPR-Bericht geändert.

Der JMPR ist wegen diverser Interessenkonflikte umstritten, die Glaubwürdigkeit seiner Einschätzung ist deshalb fragwürdig. So wurden die entscheidenden Positionen des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden an Personen mit bekanntermaßen engen Verbindungen zur Agrochemie-Industrie vergeben. Die im letzten Jahr von Experten geforderte Überarbeitung der Literaturrichtlinien des JMPR, um auch unabhängige Studien angemessen zu berücksichtigen, fand nicht statt. Die Details der JMPR-Neubewertung sollen erst in einigen Wochen oder Monaten öffentlich gemacht werden. Beobachter waren bei dem Treffen nicht zugelassen.

Das JMPR-Urteil verstärkt die Unklarheiten und den Dissens in Sachen Glyphosat  – gleichzeitig ist im April eine weitere epidemiologische Studie erschienen, die einen Zusammenhang zwischen Glyphosat-Anwendung und Krebshäufigkeit nahe legt. Ein Grund mehr, gerade jetzt keine Neuzulassung auszusprechen! Solange eine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden kann, muss das Vorsorgeprinzip zur Anwendung kommen und die Belastung der Menschen mit Glyphosat so weit wie möglich reduziert werden. Neben der Frage nach der krebserregenden Wirkung gibt es zudem etliche weitere ungeklärte Fragen zur Gefährlichkeit von Glyphosat für Menschen und Tiere. Zum jetzigen Zeitpunkt darf es deshalb keine Wiederzulassung von Glyphosat geben!

Der Bundestag hätte letzte Woche die Chance gehabt, den Schlingerkurs der Regierung durch ein klares Votum zu beenden, doch die SPD- und Unions-Abgeordneten trauten sich nicht, durch Zustimmung zu unserem GRÜNEN Antrag „Vorsorgeprinzip ernst nehmen – keine erneute Genehmigung für Glyphosat“ öffentlich Farbe zu bekennen.

 

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