Gülle-Bilanzen nicht schönrechnen

Der Beschluss des Bundeskabinetts zur sogenannten Stoffstrombilanz-Verordnung ist ein gewaltiger Rückschritt für alle, die das Grundwasser schützen wollen. Wir baden jetzt aus, was durch eine jahrzehntelange verfehlte CDU-Agrarpolitik bei diesem lebenswichtigen, generationenübergreifenden Thema versäumt worden ist. Denn die industrielle Landwirtschaft zählt insbesondere wegen Überdüngung zu den Hauptverursachern einer durch Nitrat und Phosphat belasteten Umwelt.

Wasser vor Massentierhaltung besser schützen

Die Warnungen von Wasserwirtschaft, Umweltverbänden und Verdi, die wegen der Kabinettsentscheidung Alarm geschlagen haben, müssen von der Bundesregierung ernst genommen werden. Schon heute verursacht die enorme Verschmutzung des Grundwassers erhebliche Kosten. Aber Wasser vergisst nicht. Die Folgen werden die nächsten Generationen treffen. Jahrelang hat die Bundesregierung rücksichtslos und fahrlässig eine Neuordnung des Düngerechts auf die lange Bank geschoben – obwohl bekannt war, dass Deutschland laut EU-Kommission gegen die Nitrat- und Wasserrahmenrichtlinie verstößt.

Das ist ein Armutszeugnis ohnegleichen. Erst nach der Klage der EU-Kommission wegen des Verstoßes gegen die EU-Nitratrichtlinie, dem Druck grüner Agrarminister sowie der Wasser- und Umweltverbände hat die Bundesregierung eingelenkt. Der Kompromiss mit den Ländern führte zu einem neuen Düngegesetz. Genau diesen mühsam errungenen Konsens stellt die Bundesregierung mit dem heutigen Kabinettsbeschluss zu einer verwässerten Stoffstrombilanz-Verordnung, wieder infrage.

Die Bundesregierung rechnet mit der Verordnung Gülleströme aus großen Massentierhaltungsanlagen schön. Statt realistischer Bilanzen werden fiktive Abzüge errechnet. Megaställe können so weiter Wasser verunreinigen. Mit solchen Rechentricks wird versucht, Gülle und Kot von Millionen Hühnern und Schweinen wegzuzaubern. Aber diese tierischen Exkremente sind nun einmal da und gelangen weiter in unsere Böden und Gewässer.

Umso zweifelhafter ist deshalb, dass die von der EU angedrohten hohen Strafzahlungen mit solchen Gülletricks vermieden werden können. Der Versuch, Obergrenzen bei der Berechnung für Emissionen einzuführen und massenhaft Abzüge in den Güllebilanzen zu ermöglichen, ist jedoch zum Scheitern verurteilt. Mit dieser Verordnung wird ein wirksamer Schutz des Grundwassers nicht erreicht.

Wir Grünen werden daher in Bundesrat und Bundestag die Bundesregierung auffordern, zum vereinbarten Kompromiss mit den Ländern zurückzukehren. Denn wir brauchen eine unbürokratische und zugleich realistische Stoffstrombilanz-Verordnung. Nicht am Sankt Nimmerleinstag. Sondern sofort. Zum Schutz der Menschen und der Umwelt. Denn unser Grundwasser und unsere Böden vergessen die Sünden einer fehlgeleiteten Agrarpolitik nicht.

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