Seit Oktober nimmt der Landkreis Ammerland im Amtshilfeverfahren für das Land Niedersachsen auf dem Gelände der Berufsschule in Rostrup Geflüchtete als Notaufnahmestelle auf. Maximal 284 Plätze waren zeitweise belegt. Heute beherbergt die vom Ammerländer Roten Kreuz gemanagte Einrichtung noch 116 Geflüchtete vorwiegend aus den Bürgerkriegsländern Syrien und Afghanistan, die nach ihrer Registrierung und ärztlichen Untersuchung auf ihre Verteilung in die Kommunen warten.
Gemeinsam mit Sozialdezernent Ingo Rabe machten sich die stellvertretende Landrätin Susanne Miks, die GRÜNEN Kreistagsabgeordneten Friedrich Haubold und Jens Rowold sowie ich als MdB und Kreistagsabgeordneter jetzt bei einem Rundgang vor Ort ein Bild von der Lage in Rostrup und den anstehenden Herausforderungen. Anders als vielleicht nach den vielen Berichten über die großen Probleme bei der Flüchtlingsunterbringung zu erwarten war, bot sich uns dabei ein sehr ermutigendes Bild. In beeindruckender Art und Weise haben die Ammerländer Hilfsorganisationen, allen voran das Deutsche Rote Kreuz, aber auch DLRG, Johanniter Unfallhilfe und im technischen Bereich auch das THW, zunächst mit ehrenamtlichen Kräften, in der Zwischenzeit auch mit 25 neugeschaffenen Stellen, in denen vorher arbeitslose Ammerländer*innen eine sinnvolle Arbeit gefunden haben, ein Aufnahmezentrum geschaffen, auf das der Landkreis Ammerland stolz sein kann. Dies bestätigten auch DRK-Einsatzleiter Rolf Buss, Mario Czernio und Übersetzer Amer Ghalib Ali den Politiker*innen.
Mit einfachen Mitteln wurde improvisiert, so dass es in abgetrennten Wohneinheiten mit vier oder sechs Betten zumindest ein Minimum an Privatsphäre geben kann. Sprachunterricht wird ebenso vor Ort organisiert wie eine regelmäßige ärztliche Sprechstunde, zu der ehrenamtlich Mediziner*innen aus dem Landkreis ebenso beitragen wie Sanitätspersonal aus der Bundeswehrklinik, und auch ein geflüchteter Arzt aus Syrien, der auf sein Asylverfahren mittlerweile in einer Wohnung in Rostrup wartet, kommt regelmäßig zur Sprechstunde in die Sporthalle der BBS.
Dabei sind alle Engagierten ständig großen Herausforderungen ausgesetzt. Insbesondere die quälende Unsicherheit, wann und wie es mit den Asylverfahren weitergeht, stellt für die Geflüchteten eine große psychische Belastung dar, die eine sensible Begleitung durch die im 3-Schicht-Betrieb ständig anwesenden Betreuer*innen erfordert. Dass es hier nur in seltenen Fällen zu Eskalationen ist ein großer Verdienst der vielen Helfer*innen. Es zeigt aber auch: Da, wo das Umfeld von der Verwaltung über alle Fraktionen der Kreispolitik bis zu den Vereinen und Verbänden der Ehrenamtlichen sowie die Zusammenarbeit zwischen Kreis und Städten und Gemeinden funktioniert, haben wir gute Bedingungen, den Menschen, die aus großer Not zu uns kommen, eine menschenwürdige Aufnahme zu ermöglichen.
Für die Zukunft müssen deshalb jetzt die Weichen gestellt werden. Die Erstaufnahme in Rostrup im Auftrag des Landes wird bald Geschichte sein, doch die großen Herausforderungen fangen damit erst an. Die Unterbringung in der Stadt Westerstede und den Ammerländer Gemeinden muss auch für die vielen Geflüchteten, die jetzt aus den Erstaufnahmeeinrichtungen verteilt werden, gesichert werden, Beratung zum Einstieg in den Arbeitsmarkt für die Erwachsenen und sozialpädagogische und sprachliche Hilfestellung in den Schulen muss vor Ort großzügig und schnell organisiert werden und vor allem muss im Sinne der Menschen dafür gesorgt werden, dass die Asylverfahren schnell zum Abschluss gebracht werden und bei all denen, die nicht so schnell in ihre Heimat zurückgehen können, die auf der Flucht oft zerrissenen Familien wieder zusammengeführt werden können.
Mut machen sollte uns dabei, zu sehen, wie viel Hoffnung die Geflüchteten in unser demokratisches, freies und friedliches Land stecken, und dass Deutschland finanziell gerade so gut ausgestattet ist, dass niemandem, der schon lange hier lebt, durch die Ankunft der Geflüchteten etwas weggenommen werden wird. Das notwendige große Engagement für bezahlbaren Wohnraum und bessere Personalausstattung unserer Bildungseinrichtungen sollte dabei als Chance für alle Menschen – und nicht nur für die Geflüchteten – angesehen werden. Übrigens, der Sachverständige der Bundesregierung in Wirtschaftsfragen, Professor Fratzscher, immerhin Leiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin, geht davon aus, dass schon die bisher bewilligten Mittel zur Flüchtlingsaufnahme einen konjunkturellen Effekt bringen werden, wie seinerzeit die Abwrackprämie. Der Unterschied: diesmal nützt es nicht nur der Wirtschaft, sondern vor allem Menschen, die unsere Solidarität bitter nötig haben.
Wir GRÜNEN Besucher*innen der Notaufnahmeeinrichtung konnten auf jeden Fall nach dem Besuch und den Gesprächen erleichtert feststellen: Die Flüchtlingsaufnahme im Ammerland läuft hervorragend und macht Mut für die weiteren Herausforderungen der Integration.
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