It’s Yourope!

Sebastian Beer (rechts) und ich nahmen den Europaexperte Adje Schröder in unsere Mitte.

Sebastian Beer (rechts) und ich nahmen den Europaexperten Adje Schröder in unsere Mitte.

Eine lebhafte Diskussionsverstaltung zum Thema „Brexit – und nun?“ erlebten die mehr als 30 Besucher in unserem GRÜNEM Zentrum am Friedensplatz, zu der ich aus aktuellem Anlass gemeinsam mit dem GRÜNEN Stadtverband Oldenburg eingeladen hatte.

Mit auf Bussen plakatierten Lügen seien die EU-Gegner über die Insel gefahren, um die Briten für den Brexit zu manipulieren. Gastredner Adje Schröder, vom Verein „Europäische Förderalisten Oldenburg e.V.“, skizzierte die Geschichte des Brexit, die viel über die innenpolitische Lage im Vereinigten Königreich, aber auch über das Verhältnis der EU-Institutionen zu ihren Bürger*innen aussage. Dabei werde die EU vor allem für Bürokratie und negative Entwicklungen verantwortlich gemacht. Als Umweltpolitiker muss ich das leider bestätigen. Über die großen Errungenschaften z.B. im Umwelt- und Gesundheitsschutz, die wir der EU verdanken, ist viel zu wenig bekannt. So ist etwa das EU-Umweltrecht für uns in Berlin das größte uns zur Verfügung stehende Druckmittel gegen eine kraftlose und passive Umweltpolitik der Bundesregierung. Davon profitiert der Schutz der Gesundheit der EU-Bürger*innen vor Feinstaub in der Luft genauso wie vor Nitrat im Grundwasser.

Das GRÜNE Zentrum am Oldenburger Friedensplatz drohte aus allen Nähten zu platzen.

Das GRÜNE Zentrum am Oldenburger Friedensplatz drohte aus allen Nähten zu platzen.

Viele populistische Politiker*innen würden Brüssel gerne als Sündenbock missbrauchen, wenn Ärger mit Brüssel anstehe, weil etwa EU-Recht nicht in nationales Recht umgesetzt wurde. Sie würden dann so tun, als sei Brüssel eine „Institution, die morgens die Würfel wirft, um zu sehen, wen es heute trifft“, so Sebastian Beer, Fraktionssprecher der Oldenburger GRÜNEN. Mehr Ehrlichkeit bezüglich der eigenen Versäumnisse sei auf Seiten der europäischen Regierungen nötig.

Aus dem Publikum gab es durchweg positive Reaktionen mit Blick auf ein freies und friedliches Europa. Das Feld dürfe nicht den Europaskeptikern überlassen werden, die über ein mangelndes historisches Bewusstsein verfügten und nun in mehreren Ländern Morgenluft witterten, so Beer. Daher müsste es eine bewusste Rückbesinnung auf eine gemeinsame europäische Wertebasis geben, so der allgemeine Tenor der Diskussion.

Wenn man nur Wirtschaftswachstum und Bankenrettung predigt, gleichzeitig aber bei Arbeitslosigkeit und Flüchtlingsdramen über viele Jahre hinweg europäische Solidarität verweigert, darf man sich nicht wundern, wenn viele Menschen von der EU nichts mehr wissen wollen, kritisierte ich die Bundeskanzlerin und ihre EU-Kolleg*innen. Europa muss sozialer und grüner werden. Und: „Wir müssen den Menschen Europa besser erklären, die Vorteile, die vielen nicht bewusst sind“, hieß es aus dem Publikum. Wichtig ist, dass die Bürger*innen Europas sich auch selbst wieder mehr um ihre EU kümmern, um sie nicht nur zu erhalten, sondern weiter zu entwickeln.

Am Ende des Abends griff ich den Titel der Veranstaltung noch einmal auf: „It’s Yourope! Wer von einem wenig sensiblen Kommissionspräsidenten Juncker, der CETA gegen die Menschen allein in Brüssel abstimmen lassen wollte, oder von einem Wolfgang Schäuble, dem als Antwort auf den Brexit nur mehr europäische Rüstungsprojekte einfielen, einen Aufbruch zur einem Europa der Bürger*innen erwartet, wird sicher enttäuscht werden. So forderte Europaexperte Adje Schröder denn auch: “Es braucht dringend einen Aufschrei von unten – nicht von oben.“​

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