Wenn es so einfach wäre! Aber die Krisen dieser Welt können nur präventiv angegangen werden. Später einfach „nur“ Waffen liefern ist mir viel zu wenig und auch mit unseren GRÜNEN Idealen nicht vereinbar. Die „Krisen“-Fragen aus der Oldenburger Montagsrunde zielten schon darauf ab, dass wir GRÜNE insgesamt eine Strategie für die Konflikte dieser Welt erarbeiten.
Doch dafür ist es im Norden Iraks und in Syrien wie auch in der Ukraine längst zu spät. Zu lange hat sich auch die deutsche Diplomatie auf die Amerikaner mit ihren ihnen eigenen strategischen Interesse verlassen, zu lange auch wurden die Möglichkeiten unseres Landes im diplomatischen Gespräch mit unserem NATO-Partner Türkei wie auch unseren Waffenkäufern am Golf nicht genutzt. Nun stehen wir vor den Trümmern einer Welt-Sicherheitsordnung, die nach dem Ende des Kalten Krieges leider nicht auf neue, demokratisch und völkerrechtlich legitimierte Beine gestellt wurde. Nach dem „Gleichgewicht des Schreckens“ brach sich das „Recht des Stärkeren“ Bahn, anstatt dass die Weltgemeinschaft endlich an eine Demokratisierung der UNO und neue Regeln für die Organisation des Selbstbestimmungsrechts der Völker machte.
Nun stehen wir im Nahen Osten wie auch am östlichen Rand Europas vor politischen wie humanitären Katastrophen und erwarten von uns selbst auf einmal schnelle Lösungen „im Sinne der betroffenen Menschen“ herbeizaubern zu können. Reflexhaft kommen Forderungen nach militärischen Interventionen und/oder Waffenlieferungen auf uns zu. Doch wenn man sich ernsthaft die Militärinterventionen der Zeit nach dem Kalten Krieg betrachtet, so gibt es wenige Erfahrungen, die Hoffnung machten, damit wirklich Konflikte lösen oder zumindest befrieden zu können (die wenigen positiven Beispiele – Mazedonien, Osttimor, Kambodscha – rührten eben daher, dass dort präventiv gearbeitet wurde und nicht reaktiv). Und auch Waffenlieferungen in ein Krisengebiet, das sich u.a. dadurch auszeichnet, dass dort bereits zu viele Waffen im Umlauf sind, erscheinen mir bei aller verständlichen Emotionalität der Hilferufe wenig erfolgversprechend.
Was also bliebe zu tun? Zunächst ganz klar: Unsere Aufgabe muss in einer massiven Verstärkung der humanitären und diplomatischen Anstrengungen liegen. Aufnahme von Flüchtlingen, Hilfe für Menschen in den Flüchtlingslagern der Nachbarländer, Druck auf die Nachbarländer und die informellen IS-Unterstützerstaaten, den Terroristen den Nachschub abzuschneiden und ihnen die Möglichkeiten nehmen, z.B. durch den Verkauf von Öl oder Kulturgütern Geld zu erwirtschaften. Initiativen für regionale Friedensgespräche unter Einbeziehung aller friedliebenden Kräfte und aller Nachbarländer, Befassung der UNO zur Verständigung, inwieweit das Konzept der „Responsability to Protect“ gemeinsam zum Einsatz gebracht werden kann. Es gibt also abseits von Militär und Yogamatte viel zu tun!
Ein anderes Thema, über das ich in der Montagsrunde mit der Berliner Brille berichtet habe, ist das neuer gesellschaftlicher Trends jenseits des Konsum- und Wachstumszwangs. Teilen, Leihen, Reparieren und wieder miteinander Sprechen wird von immer mehr Menschen als Alltagskonzept neben Kaufen und Besitzen gestellt. Selbst auf dem Lande interessieren sich immer weniger junge Menschen fürs Autofahren, weil ihnen das Auto an sich immer weniger bedeutet. Und mancheR hinterfragt immer kritischer, wofür man eigentlich den Druck in der Arbeitswelt immer weiter erhöht, so dass psychische Erkrankungen zur Volkskrankheit Nr.1 werden.
Doch noch verhält sich unsere Gesellschaft im reichen Deutschland so, als hätten wir zwei Erden, sprich der persönliche CO²-Fußabdruck mit ca elf Tonnen im Jahr ist viel zu groß für unser Klima und auch beim Stickstoffausstoss haben wir die planetarischen Grenzen längst gesprengt. Green Growth reicht als unsere Antwort darauf nicht mehr aus. Wir brauchen eine doppelte Entkoppelung unseres Lebensstils von Wachstumszwang und Ressourcenverbrauch!
So kümmern wir uns als Bundestagsfraktion jetzt verstärkt um die Agrarwende. Die Debatte ums Klima wird immer drängender und im Hinblick auf den Klimagipfel in Paris hoffentlich in der ganzen Gesellschaft intensiver geführt werden.
Konkret spiegeln sich diese Zukunftsthemen gerade in der Frage, wie wir uns ernähren. Immer wieder stoßen wir in unseren Klima- und Umweltdebatten auf die Probleme in Folge der industrialisierten Landwirtschaft über die Themen Tierwohl, Pestizide in der Natur und Nitrate und Antibiotikarückstände im Grund- und später dann im Trinkwasser – und dann sind wir wieder bei den Lebensstilfragen.
Ganz aktuell war dann noch die Diskussion mit GRÜNEN Mitgliedern und Interessierten über Rot-Rot-GRÜN in Thüringen. Das Schwadronieren vom Untergang des Abendlandes durch die neue Koalition ist eine ganz platte Strategie. Ich denke, dass die zusätzliche Option im Koalitionsspektrum – gerade nach der Bildung der schwarz-grünen Koalition in Hessen – wichtig für eine weitere Entwicklung GRÜNER Strategien mit dem Ziel einer dringend nötigen Begrünung unseres Landes eröffnen kann. Mal sehen, wie konstruktiv in Wiesbaden und in Erfurt regiert wird, denn dann werden die Gespräche nach den nächsten Wahlen richtig spannend.
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