Drama in Kurdistan

Mit Claudia Roth in ihrer Eigenschaft als Vizepräsidentin des Bundestages sowie Belit Ony und Heiner Scholing aus unserer niedersächsischen Landtagsfraktion und GRÜNEN aus dem KV Celle war ich bei den Yeziden in Bergen bei Celle. Dort erfuhren wir mehr von den aktuellen Ereignissen im Sindschar-Gebirge im Nordirak, wo die Yeziden nach ihrer vermeintlichen Rettung im Sommer von der Weltgemeinschaft erneut vergessen werden und jetzt der aktuellen ISIS-Offensive erneut schutzlos ausgeliefert sind. Anschließend fuhren Claudia und ich nach Oldenburg, wo uns der Zentralrat der Yeziden und ihr religiöses Oberhaupt, Baba Sheikh Khato Haji Ismail, begrüßte. Im Yezidischen Forum stießen dann auch die Flüchtlingspolitische Sprecherin unserer grünen Landtagsfraktion, Filiz Polat, und auch mein CDU-MdB-Kollege Stephan Albani zu uns. Flüchtlinge aus dem Norden Iraks berichteten uns von den grauenhaften Momenten ihrer Flucht.

V.r.n.l.: Filiz Polat (MdL), Stephan Albani (MdB), Sahab Dag (Vorsitzender Yezid.Forum), Claudia Roth (Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages), Peter Meiwald (MdB)

V.r.n.l.: Filiz Polat (MdL), Stephan Albani (MdB), Sahab Dag (Vorsitzender Yezid.Forum), Claudia Roth (Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages), Peter Meiwald (MdB) [Bilderschau – bitte klicken!]

Claudia, die erst Anfang Oktober in der türkisch-syrischen Grenzregion gewesen ist, in der große Not herrscht, betonte noch einmal, dass es leider nicht DIE eine Lösung für die Auseinandersetzungen in Syrien und im Irak gibt, denn das Ausmaß an entgrenzter Gewalt ist nicht zu beschreiben. Es geht um die Frage, wie eine öffentliche Wahrnehmung garantiert werden kann, damit die Region und die dort fliehenden Menschen nicht in Vergessenheit geraten.

Der Vorsitzende des Yezidischen Forums Oldenburg, Sahap Dag, dankte vor allem Claudia für ihr langandauerndes Engagement und schilderte, dass bereits 170.000 € an Spenden für die Flüchtlinge eingegangen seien. Das allerdings sei angesichts der immensen Zahl von Hilfesuchenden in den Flüchtlingscamps und auf den Straßen nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Der harte Winter stehe vor der Tür und vor Ort sei bisher kaum substantielle Hilfe der internationalen Gemeinschaft eingetroffen. Holger Geisler, Pressesprecher des Zentralrates der Yeziden, bezeichnete es als beschämend wenig, was an Hilfslieferungen im Norden Iraks bei mehr als 600.000 Flüchtlingen angekommen ist. Es täten sich dort Paradoxien auf, die kaum vorstellbar seien. Z.B. bekäme ein Flüchtling zwar eine wenn auch kleine Essensration, an Getränke sei aber nicht gedacht.

Filiz Polat forderte alle Beteiligten auf, sich für ein deutlich stärkeres humanitäres Engagement einzusetzen. Es sei einfach nicht nachvollziehbar, wenn Deutschland nicht deutlich mehr tue.

Dass wir alle vor einem grenzenlosen Dilemma und einer kaum zu überwindenden Herausforderung stehen, brachte Theo Lampe vom Diakonischen Werk Oldenburg mit seiner Äußerung zum Ausdruck, Deutschland sei ein Einwanderungsland, würde sich aber nicht wie ein solches verhalten. Durch die eingewanderten Menschen sei die Katastrophe im Nahen Osten auch unsere deutsche Katastrophe, der wir uns annehmen müssen. Einen Appell zur Einigkeit aber richtete er auch an die yezidische Community, damit wir sie auch gemeinsam unterstützen können.

Auf meine Frage, welche Unterstützung für die ankommenden Flüchtlinge vor Ort bei uns zusätzlich benötigt würde, benannte Ayca Polat, die Integrationsbeauftragte der Stadt Oldenburg, neben der Ausweitung des sozialen Wohnungsneubaus und der Ermöglichung von Teilnahme an Sprachkursen auch schon vor der endgültigen Flüchtlingsanerkennung auch den überfälligen Wegfall der Vorrangprüfung bei der beruflichen Integration. Außerdem wäre ein regionales Traumazentrum in Oldenburg eine konkrete Hilfe, wie wir den durch Krieg und Massaker schwer traumatisierten Menschen wieder Perspektive geben können. Ergänzend hierzu ist dann auch endlich das menschenunwürdige Asylbewerberleistungsgesetz abzuschaffen.

Wenn wir nicht schnell zu einer europaweiten humanen Flüchtlingsaufnahmepolitik kommen, so Claudia Roth in ihren Abschlussworten, sterben nicht nur unzählige unschuldige Yeziden, Christen und Turkmenen, sondern mit ihnen auch die europäische Wertegemeinschaft. Bisher haben aus dem reichen Europa nur Deutschland und Schweden kleine Kontingente für Flüchtlinge aus dem syrischen Bürgerkrieg geschaffen, so nimmt Deutschland etwa 20 000 Menschen von dort auf. In der Krisenregion sind jedoch insgesamt über 13 Millionen Menschen auf der Flucht. Allein der kleine Libanon hat bei 4,2 Millionen Einwohnern mittlerweile über 1,5 Millionen Flüchtlinge aufgenommen. Das ist beschämend für uns!

Einen dramatischen Appell richtete anschließend auch eine Delegation aus Irakisch-Kurdistan gemeinsam mit dem geistigen Führer der weltweiten Yeziden an unsere Hilfsbereitschaft.

Vielleicht haben wir mit diesem Tag ein wenig helfen können, die Aufmerksamkeit auf die Not der Yeziden zu richten, indem wir den vertretenen Medien gegenüber auf die Dramatik ihrer Situation hinweisen konnten. Und vielleicht kann Stephan Albani diesem Anliegen auch gegenüber der Bundesregierung im Vorfeld des nächsten Flüchtlingsgipfels im Kanzlerinnenamt weiteren Nachdruck verleihen.

Am kommenden Samstag bin ich auf alle Fälle um zwölf Uhr am Oldenburger Hauptbahnhof und beteilige mich an einer Demonstration, die sich unter dem Titel „Oldenburg zeigt Gesicht“ für den Frieden in der beschriebenen Krisenregion ausspricht. Ich freue mich, wenn Ihr meinem Beispiel folgt.

Der Bürgersender Oeins hat diesen Beitrag über den Besuch von Claudia und mir gesendet: http://oeins.de/lokalsender/mediathek2/201410221800_oeins-aktuell.html.

Hinter Claudia und mir steht Sinan Shiko, GRÜNES Ratsmitglied aus Delmenhorst

Hinter Claudia und mir steht Sinan Shiko, GRÜNES Ratsmitglied aus Delmenhorst

Baba Sheikh Khato Haji Ismail, religiöses Oberhaupt aller Yeziden (Mitte), Stephan Albani (links vom Oberhaupt) und Filiz Polat (ganz links)

Baba Sheikh Khato Haji Ismail, religiöses Oberhaupt aller Yeziden (Mitte), Stephan Albani (links vom Oberhaupt) und Filiz Polat (ganz links)

Baba Sheikh Khato Haji Ismail. religiöses Oberhaupt aller Yeziden

Baba Sheikh Khato Haji Ismail. religiöses Oberhaupt aller Yeziden

Notizen für Arabisch LesendeNotizen für Arabisch Lesende

Besichtigung des Yezidischen Zentrums - hier die Küche

Besichtigung des Yezidischen Zentrums – hier die Küche

Sahab Dag (rechts) erklärt Claudia und mir sehr ausführlich das gesamte Haus

Sahab Dag (rechts) erklärt Claudia und mir sehr ausführlich das gesamte Haus

V.l.n.r.: Filiz Polat (MdL), ich (MdB)  und Claudia Roth (MdB, Vizepräsidentin des Bundestages)

V.l.n.r.: Filiz Polat (MdL), ich (MdB) und Claudia Roth (MdB, Vizepräsidentin des Bundestages)

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