BürgerBusse immer beliebter

Ausbau des ÖPNV durch Machtspiele zwischen Bund und Ländern gefährdet

Zunächst mal eine gute Nachricht: Der Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen (VBN) hat jüngst die Zahlen des Jahres 2012 veröffentlicht: Pressemitteilung „Mehr Fahrgäste, mehr Einnahmen – Verkehrsverbund zufrieden mit Jahresergebnissen 2012“ (PDF, 611 KB). Wieder wurde ein neuer Höchststand an Fahrgästen und Fahrgeldeinnahmen im VBN erreicht.

Im Jahr 2012 waren 140,6 Mio. Menschen mit Bus und Bahn im VBN unterwegs. Den prozentual größten Zuwachs an Fahrgästen hatten dabei die von ehrenamtlichen Bürgern organisierten BürgerBusse. Sie allein beförderten im Jahr 2012 insgesamt 171.000 Fahrgäste. Und das waren satte 27 % mehr als im Vorjahr. Als grüner Bundestagskandidat für den Wahlkreis 27 (Oldenburg, Ammerland) und Gründungsmitglied des Westersteder Bürgerbusses setze ich mich noch intensiver als bislang dafür ein, dass diese einfache Form von ÖPNV vor Ort weiter gefördert werden muss.

Peter und Bürgerbus

Wie zufrieden die Fahrgäste mit dem ÖPNV im VBN-Gebiet mittlerweile sind, zeigt die gemessene Zufriedenheitsquote von 2,77. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 2,91.

Diese Zahlen sind derart gut, dass eine Ausweitung des VBN-Verkehrsgebietes auf die Bahnstrecken nördlich bis nach Wilhelmshaven und Esens, westlich bis nach Leer und Emden und südlich bis nach Cloppenburg und Osnabrück mehr als wünschenswert erscheint. Denn wenn man heute mit einem einzigen Fahrschein von Edewecht aus z.B. bis nach Bremerhaven ins Klimahaus kommt, sind für Fahrten zum Strand nach Schillig immer noch drei unterschiedliche Fahrausweise nötig. Wir würden uns freuen, wenn sich die politisch Verantwortlichen in den Landkreisen Leer, Cloppenburg, Oldenburg, Wittmund, Aurich und Osnabrück sowie in den Städten Osnabrück und Wilhelmshaven in dieser Frage bewegen würden, denn immer Menschen, die den ÖPNV nutzen möchten, würde so gerecht werden.

Nachdem im letzten Jahr der Zweckverband allein 3,57 Mio. Euro an Fördergeldern für den ÖPNV in der Region ausgegeben hat, plant er aktuell den modernen Ausbau von 16 Bahnhaltepunkten. Darunter ist auch Bad Zwischenahn zu finden. Doch dieser Ausbau ist jetzt plötzlich gefährdet, da der Bund seine Kostenanteile zurückziehen will. Dahinter vermute ich einen parteipolitischen Machtkampf. Denn seit die BürgerInnen in Niedersachsen im vergangenen Januar den politischen Wechsel mit einer neuen Verteilung des Geldes, weg von der Straße, hin zur Schiene, eingeleitet haben, wird von der Merkel-Regierung in Berlin alles versucht, den Niedersachsen das Geld streitig zu machen. Dazu darf es nicht kommen. Darum müssen wir jetzt im September den politischen Wechsel aus Niedersachsen bis nach Berlin tragen.
Als grüner Bundestagskandidat will ich mich zukünftig in Berlin dafür einsetzen dürfen, dass die bis heute bestehenden Fördergelder für den Ausbau und den Unterhalt der Schieneninfrastruktur weiter gezahlt werden und in den Regionen ankommen. Die Planungen zur Reduzierung oder zur Abschaffung der sogenannten Regionalisierungsmittel  sind einzustellen. Nur mit dieser Förderung wird es zukünftig in Zusammenarbeit von Bürgern_innen, der Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG), dem Zweckverband (ZVBN) und dem VBN eine an den Bürgerinteressen orientierte Infrastrukturpolitik für mehr ÖPNV in der Fläche geben.

Veröffentlicht in Mobilität Getagged mit: , , , , , , , ,

TTIP: Große Auswirkungen – kaum öffentliche Wahrnehmung

Mensch vor Bank.

Quelle: © Edzard Piltz

Wir GRÜNEN haben zu dem geplanten TTIP-Abkommen (= transatlantisches Freihandelsabkommen, engl. Transatlantic Trade and Investment Partnership) der EU mit den USA eine sehr kritische Position, obwohl wir natürlich nicht grundsätzlich gegen eine Verbesserung der Beziehungen sind (angesichts der PRISM-Aktivitäten könnte man allerdings aktuell auch das noch einmal in Frage stellen).

  • Wir stehen den Verhandlungen nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber. Dennoch sehen wir die derzeitige Entwicklung kritisch, da die EU nach dem Scheitern der Doha-Runde zunehmend versucht, bilaterale Handels- und Investitionsabkommen zu schließen, statt auch weiterhin am Ansatz einer multilateralen Handelsordnung festzuhalten.
  • Wir warnen vor unrealistischen Erwartungen hinsichtlich des Zeitrahmens, der für diese komplizierten Verhandlungen nötig ist. Grundsätzlich gilt für uns: Sorgfalt vor Schnelligkeit.
  • Existierende europäische Sozial- und Umweltstandards dürfen nicht zur Disposition gestellt werden. In den Verhandlungen muss deutlich gemacht werden, dass geltende EU-Regelungen insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Lebensmittelsicherheit, Tierhaltung und Umwelt nicht verhandelbar sind. So sind beispielsweise gentechnisch manipulierte Lebensmittel, Hormonzusätze in Futtermitteln oder Chlordesinfizierung von Geflügel in den USA üblich. Damit diese Produkte nicht auf den europäischen Markt gelangen können, sollte der Agrarsektor bei den Verhandlungen ausgeklammert werden.
  • In den Verhandlungen sollte darauf geachtet werden, dass grundlegende EU-Prinzipien nicht unterminiert werden. Es muss insbesondere das Vorsorgeprinzip der europäischen Gesundheits- und Umweltpolitik erhalten bleiben. Aber auch das Recht auf Datensicherheit oder das Subsidaritätsprinzip der EU müssen Geltung behalten.
  • Die Verhandlungen müssen transparent und unter Einbeziehung wichtiger Stakeholder geführt werden. Die Zivilgesellschaft, das Europäische Parlament, der US-Kongress, die nationalen Parlamente sollten rechtzeitig in die Verhandlungen miteinbezogen werden.
  • Das Abkommen dürfte auch für andere Länder wie zum Beispiel Kanada, Mexiko, Chile, die Türkei oder für die Staaten in Nordafrika erhebliche Auswirkungen haben. Es sollte sichergestellt werden, dass Vertreter betroffener Länder in die Verhandlungen angemessen mit einbezogen werden.

Die GRÜNEN Fraktionen auf Länder- (NRW), Bundestags- und Europaparlamentsebene haben mit differenzierten Anträgen versucht, den aktuellen Prozess im Sinne der politischen Ziele von Verbraucherschutz und Sicherung von Sozial- und Ökostandards zu verändern.

Weiterlesen ›

Veröffentlicht in Gerechte Gesellschaft, Postwachstumsgesellschaft Getagged mit: , , , , , , , ,

Solar-Boom ausgebremst – Danke, Bundesregierung!

Seit Jahren arbeiten Merkel, Rösler, Röttgen, Altmaier, Fuchs und die „großen 4“ der alten Energiewelt (E.on, Vattenfall, RWE und EnBW) Hand in Hand daran, trotz anderslautender Lippenbekenntnisse die Energiewende in Deutschland auszubremsen. Durch immer neue Ankündigungen zur Änderung des EEG, in den Raum geworfenen „Strompreisbremsen“ oder auch die Verweigerung, in der EU substantiell an einer Stützung der Preise für CO2-Verschmutzungsrechte zu arbeiten, hat diese Regierung zuerst daran mitgewirkt, beinahe die komplette deutsche Solarbranche in den Ruin zu treiben. Die Offshore-Windenergie ist aufgrund eines viel zu lange fehlenden Netzanschlussplanes weit hinter ihren Plänen zurück – ebenfalls mit verheerenden Folgen für viele Firmen und die Arbeitsplätze in unserer Region. Und selbst die vielerorts geplanten Investitionen in die sauberere Übergangstechnologie der hocheffizienten Gas-und Dampf-Kraftwerke rechnen sich in der gegenwärtigen Situation nicht, die Planungen werden auf Eis gelegt.

Vor Solarpark

Die Folgen:

  • Trotz eines Anstiegs der Anteils der Erneuerbaren an der Stromversorgung auf bald 26 % wird der CO2-Ausstoß des deutschen Strommixes wieder schlechter, da die abgeschriebenen Kohle-Dreckschleudern ohne große Belastung durch die CO2-Zertifikate deutlich billiger produzieren können als Gaskraftwerke
  • Besuch bei aleo solar

    Mit Dr. Hermann Iding, aleo solar AG

    Der Zubau neuer dezentral erzeugender Photovoltaik-Kraftwerke wird sich in diesem Jahr voraussichtlich gegenüber den Vorjahren halbieren. Verbliebene Modulhersteller wie z.B. aleo solar aus Oldenburg, das ich vor kurzem besuchte, schreiben rote Zahlen und haben massive Probleme, sich im Markt neu aufzustellen. Auf der einen Seite drücken chinesische Hersteller die Modulpreise immer mehr nach unten, auf der anderen Seite aber fehlen den deutschen Premium-Anbietern die verlässlichen Rahmenbedingungen, um ihre Stärken als System-Komplettanbieter und als Hersteller innvovativer Anwendungen für die Photovoltaik ausspielen zu können. Know-How und Arbeitsplätze dieser Zukunftsbranche drohen für unsere Region verloren zu gehen.

Doch die ungerechte Verteilung der Energiewende-Kosten zu Lasten der kleinen EnergieverbraucherInnen und zu Gunsten der umlagebefreiten Großverbraucher und Großkraftwerksbetreiber wird durch diese Politik der Merkel-Regierung nicht beendet.

Veröffentlicht in Energiewende Getagged mit: , , , , , , , , , , ,

Ziviler Friedensdienst – nicht nur Nischenangebot der Weltpolitik

Mit Peter Tobiassen am 29.Mai 2013

Mit Peter Tobiassen am 29.Mai 2013

Nach der hochinteressanten Diskussionsveranstaltung mit unserer Bundestagsabgeordneten Katja Keul und dem Vorstandsmitglied des Forums Ziviler Friedensdienst Deutschland, Peter Tobiassen, und vielen Anfragen zu meiner und unserer GRÜNEN Position zur Ausweitung des Zivilen Friedensdienstes als Alternative zu internationalen Militäreinsätzen möchte ich hier kurz meine Position darstellen:

Als Mitglied einer der Initiator-Organisationen des Projektes Ziviler Friedensdienst in Deutschland – Eirene international – und als besonders in Rwanda engagierter Mensch, der u.a. auch in der konfliktträchtigen Vor-Genozidzeit 1991/92 in Rwanda über Eirene einen Friedensdienst abgeleistet hat, bin ich aus eigener Erfahrung und politischer Überzeugung ein entschiedener Befürworter einer Stärkung und des Ausbaus des Zivilen Friedensdienstes.

Militärische Krisenpräventionsprogramme und militärische Konfliktbearbeitungen sind nach meiner festen Überzeugung nicht in der Lage, den vielfältigen Krisen dieser Welt angemessen zu begegnen, so dass es dringend Zeit wird, viel stärker als bisher echte FriedensarbeiterInnen zu qualifizieren und in ein kohärentes außen- und friedenspolitisches Konzept einer zukünftigen Bundesregierung einzubinden.

Veröffentlicht in Frieden, Unsere eine Welt Getagged mit: , , , , ,

Immer noch größer?

Billigschnitzel kommen teuer! (Quelle: gruene-bundestag.de)

Billigschnitzel kommen teuer! (Quelle: gruene-bundestag.de)

Gestern, am 8. Juli, hatte ich die Möglichkeit, der Bauausschusssitzung in der Gemeinde Rastede beizuwohnen, die sich unter Augen und Ohren von mehr als 200 ZuhörerInnen mit der beantragten Ansiedlung eines Riesen-Stalls für 918 Kühe in Kleibrok beschäftigt hat.

Die Landwirtschaft in der Parklandschaft Ammerland ist seit einigen Jahren immer mehr in den Sog der Südoldenburger Intensivlandwirtschaft geraten. Flächendruck durch fehlgesteuerten Energiepflanzenanbau, unsichere, oftmals nicht kostendeckende Milcherzeugerpreise und eine „Geiz-ist-geil“-Mentalität vieler Lebensmittelkunden treiben bäuerliche landwirtschaftliche Familienunternehmen in die Spirale von größeren Einheiten, höheren Investitionskosten und immer größerer Abhängigkeit von schwankenden Marktpreisen.

Ein solches Szenario droht nun auch unserem immer noch von bäuerlichen Strukturen geprägten Ammerland. Immer größere Ställe für Hühner, Schweine oder Milchkühe werden beantragt und gebaut – mit sich ankündigenden gravierenden Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit (durch breiten Antibiotikaeinsatz aufgrund der hohen Tierbesatzzahlen entstehen gefährliche antibiotikaresistente Keime), auf Atemluft (95 % der Ammoniakemissionen werden der Landwirtschaft zugeschrieben) und das Grundwasser (überhöhte Gülleausbringungen führen zu überhöhten Nitratwerten). Auch für das Landschaftsbild, das eine wesentliche Grundlage des prosperierenden Tourismus im Ammerland ist, wird das aufkommende Vordringen der Massentierhaltung zur Bedrohung.

Doch trotz der vom Bundestag im April auf den Weg gebrachten Baurechtsänderung fehlen den für eine sinnvolle Flächennutzungsplanung zuständigen demokratisch legitimierten Gemeinderäten weitestgehend die Möglichkeiten, hier steuernd einzugreifen.

Aktuelle Bauanträge für übergroße Milchviehhaltungen in Rastede-Kleibrok und Apen-Tange zeigen dieses Defizit deutlich auf. Die eingeführte Möglichkeit, über eine verpflichtende Bauleitplanung für Ställe, für die aufgrund der geplanten Tierzahlen eine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig ist, der Gemeinde ein Planungsinstrument in die Hand zu geben, greift nämlich nicht für „landwirtschaftlich privilegierte Intensivtierhaltungsanlagen“. Großställe, deren Betreiber nachweisen kann, dass er 50 % des Futters auf Betriebsflächen erzeugen könnte, gelten seit einer Baurechtsänderung in 2004 (§201 BauGB) trotz ihrer Größe als „bäuerlich“ und sind somit von der Bauleitplanung ausgenommen.

Ausstellung „Discrete Farms“ im Edith-Russ-Haus, Oldenburg

Ausstellung „Discrete Farms“ im Edith-Russ-Haus, Oldenburg

Dies wird der Realität heute nicht mehr gerecht, in der die übergroße Mehrheit der Bevölkerung die Massentierhaltung ablehnt und die Gemeindepolitik zu Recht für sich fordert, auch im Außenbereich gestaltend wirken zu können.

Nötig ist daher eine Weiterentwicklung des Baurechts, so dass Planungsgrundlagen für die übergroßen (z.B. über 600 Kühe), aber landwirtschaftlich privilegierten Intensivtierhaltungsanlagen (§35 Absatz 1 Nr. 1) genauso geregelt werden wie für die gewerblichen Tierhaltungsanlagen (§35 Absatz 1 Nr. 4). Außerdem muss Städten und Gemeinden zur Steuerung von Intensivtierhaltungsanlagen ermöglicht werden, für neu beantragte Tierhaltungsanlagen ein Bauverbot erlassen zu können, wenn bereits eine Tierdichte von zwei Großvieheinheiten pro Hektar auf der landwirtschaftlich genutzten Fläche erreicht oder überschritten ist. Drittens ist der §201 BauGB wieder (wie bis 2004) so zu definieren, dass nicht nur das Futter überwiegend (also über 50 Prozent) auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann, sondern auch tatsächlich zur Verfütterung im Betrieb verwendet werden muss.

Die VertreterInnen von CDU und FDP müssen also endlich nicht nur vor Ort gegen solche Fehlentwicklungen stimmen, sondern endlich aus der Region heraus in ihren Bundestagsfraktionen darauf drängen, die bisherige Blockadehaltung in diesen drei Punkten, die sich zuletzt in der Ablehnung des GRÜNEN Entschließungsantrags zur Baurechtsänderung gezeigt hat, schnellstmöglich zu beenden. Das gestrige einstimmige Abstimmungsergebnis aus dem Rasteder Bauausschuss lässt hier auf ein breiteres Umdenken hoffen.

Nur so können unsere Kommunalparlamente effektiv ihren Planungs- und Vorsorgeauftrag für Mensch und Natur wahrnehmen.

Veröffentlicht in Gute Landwirtschaft Getagged mit: , , , , , , , ,