Sitzungswoche 11.-15.01.2016
Mit einer intensiven parlamentarischen Arbeitswoche begann die Arbeit im politischen Berlin des Jahres 2016.
Schwerpunkt im Umweltausschuss am Mittwoch bildete ein öffentliches Fachgespräch zum Thema „Ursachen und Auswirkungen des Biodiversitätsverlustes bei Insekten“. Die geladenen Experten zeichneten ein deutliches Bild der dramatischen Lage. Nicht nur die Zahl der Arten, sondern auch die der Individuen hat in den vergangenen Jahren teils dramatisch abgenommen. Dies hat nicht nur bedrohliche Auswirkungen auf die Bestäubung von Pflanzen, sondern auch auf die gesamte Biodiversität, da Insekten als Futter auch für viele andere Arten am Beginn der Nahrungskette stehen. Hauptgründe dafür, dass der früher an den Tankstellen obligatorische Insektenschwamm für die Autoscheiben nicht mehr benötigt wird, sind wohl „ausgeräumte Landschaften“ und der hohe Pestizideinsatz in der Landwirtschaft. Eine schnelle Lösung für die bedrohliche Lage ist nicht absehbar, so die einhellige Meinung der Sachverständigen. Aber eine Umstellung der Landwirtschaft auf mindestens 20 % der Anbauflächen ist dringend geboten.
Hier findet ihr das Video des öffentlichen Fachgesprächs Ursachen und Auswirkung des Biodiversitätsverlustes bei Insekten.
Im Plenum ging es am Mittwoch dann unter anderem um die Vorkommnisse der Sylvesternacht in Köln und anderswo. Einig war sich das Parlament, dass sexualisierte Gewalt gegen Frauen, wie sie sich in Köln gezeigt hat, komplett inakzeptabel und rechtsstaatlich zu verhindern ist. Für mich ist dabei wichtig, dass jeder Mensch, jede Frau sich in unserem Land frei und ohne Angst bewegen können muss. Die rechtsstaatlichen Grundlagen dafür haben wir in unserem Land. Dieses Recht muss auch durchgesetzt werden – und wenn dazu mehr Polizisten, eine bessere Ausstattung oder Organisation der Polizei notwendig sind, muss dieses zur Verfügung gestellt werden. Allerdings sollten dazu zunächst die Vorfälle vernünftig aufgearbeitet und analysiert werden anstatt sie zum Anlass für populistischen Aktionismus zu nehmen – oder gar als Blaupause für rassistische Hetze. Gut und wichtig finde ich deshalb vor allem auch die Distanzierungen und Demonstrationen aus migrantischen Kreisen (so auch am Freitag in Oldenburg), die deutlich machen, dass sexuelle Gewalt im Namen oder unter dem Deckmantel einer Kultur, einer Religion oder einer Gruppe von Flüchtlingen nicht akzeptiert wird.
Politisch muss nun bearbeitet werden, wie die Anstrengungen zur Integration, zu der auch die Akzeptanz aller Frauen- und Menschenrechte sowie unserer freiheitlichen Grundordnung gehört, deutlich gestärkt werden können. Und der Schwung der „neuen Sensibilität“ für Fragen sexualisierter Gewalt sollte insgesamt den gesellschaftlichen Diskurs zu diesem Thema befeuern. Hier haben keinesfalls nur MigrantInnen noch Nachholbedarf. Einen Generalverdacht gegen junge migrantische Männer braucht dagegen kein Mensch!
Ein Thema im Donnerstagsplenum war die Widerrufsprüfung bei anerkannten Asylbewerbern. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) muss obligatorisch nach drei Jahren den Status anerkannter Flüchtlinge überprüfen. Derzeit führt das BAMF Tausende von Widerrufsverfahren durch. Nur in den seltensten Fällen führen diese tatsächlich zu einem Widerruf. Wir fordern die Streichung dieser obligatorischen Widerrufsprüfung. Denn die damit befassten MitarbeiterInnen stünden dann für die dringend notwendige Asylantragsbearbeitung zur Verfügung.
Grüner Gesetzentwurf: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/062/1806202.pdf
Am Freitag wurde im Plenum passend zur Grünen Woche unser Antrag „Pestizide reduzieren – Mensch und Umwelt schützen“ diskutiert. Der Handel mit Pestiziden floriert: Über 100.000 Tonnen Pestizide werden jährlich in Deutschland verkauft, von 1950 bis 2012 ist die globale Einsatzmenge von Pestiziden um das Fünfzigfache auf circa vier Millionen Tonnen gestiegen. Den Gewinnen der Hersteller stehen deutliche Verluste bei der Artenvielfalt gegenüber und Risiken für die Gesundheit der Menschen in diesem Land. Denn Ackergifte treffen längst nicht nur die Lebewesen, gegen die sie eingesetzt werden. In Grund- und Oberflächengewässern sind Pestizide nachweisbar, das für unsere Böden wichtige Gefüge aus Bodenorganismen wird empfindlich gestört, und auch in Lebensmitteln werden regelmäßig Rückstände gefunden. Es ist deshalb ein wirksames Reduktionsprogramm für Pestizide notwendig, das konkrete Maßnahmen, Zeitpläne und Ziele nennt, mehr Geld für die Forschung und Erprobung zu alternativen Pflanzenschutzmaßnahmen und grundlegende Verbesserungen bei der Risikobewertung im Pestizid-Zulassungsverfahren, in dem bisher „Kollateralschäden“ auf Nicht-Ziel-Organismen oder Wirkungsverstärkungen im Zusammenspiel mehrerer Pestizidstoffe kaum berücksichtigt werden.
Am Freitagabend ging es dann noch auf die Grüne Woche zum Stand des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie zum Stand des Verbundes kompostierbarer Produkte in der Halle von nature.tec, der Fachschau Bioökonomie im Rahmen der Internationalen Grünen Woche. Am Samstag forderten auf der Wir haben es satt! Großdemonstration rund 20.000 Teilnehmer*innen und Teilnehmer eine zukunftsfähige und enkeltaugliche Landwirtschaft, die Höfe und unsere natürlichen Lebensgrundlagen erhält. Wir Grünen waren selbstverständlich prominent vertreten.
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